Der Weihnachtsmonat war besonders aufregend, wir hatten nicht nur täglich die Sorge um die kranken Patienten in der Praxis, sondern auch zu Hause bahnte sich eine Krankengeschichte an.
Shahin , mein kleiner Kater, der bei jeder Fütterung mit gutem Appetit dabei ist, fraß von Tag zu Tag weniger. Da er gerne Mäuse nach Hause bringt und voller Freude demonstrativ vor den anderen Katzen verschlingt, habe ich die anfängliche Inappetenz mal wieder einer solchen Heldentat zugeschrieben, denn als bekömmlich haben sich seine gefangenen Extraleckerbissen bei ihm nie erwiesen.
Doch als sich am dritten Tag der gewohnte Appetit nicht einstellte, mußte Shahin zur Beobachtung mit in die Praxis. Sein Kotabsatz war normal und die ersten Röntgenaufnahmen zeigten keine Auffälligkeiten. Druck auf den Bauch war ihm unangenehm.
Auch sein Verhalten blieb bis auf die Inappetenz normal.
Als nächster medizinisch – diagnostischer Schritt wurde eine Kontrastpassage durchgeführt, um festzustellen, ob der Darm an einer Stelle verlegt ist. Das zeigt sich normalerweise in einem Stop des Kontrastbreies an einer bestimmten Stelle im Darm.
So einfach wollte es uns Shahin aber nicht machen: der Kontrastbrei wanderte zwar mit leichter Verzögerung durch den Darm, wie es bei jeder Darmentzündung der Fall ist, wurde aber ganz normal ausgeschieden.
Entlang der gesamten Darmlänge zeigte sich kein markanter Passagestop, der meine Verdachtsdiagnose auf Aufnahme eines Fremdkörpers bestätigenkonnte.
Am 5. Tag stellte Shahin seine Futteraufnahme ganz ein. Nun entschloß ich mich bei ihm eine Lapratomie durchzuführen, d.h, der Bauch wird eröffnet und alle Organe werden auf Krankheitsanzeichen untersucht.
Wir verfügen in der Medizin zwar über optimale Diagnosehilfen
(Laboruntersuchungen, Röntgen, Ultraschall, CT), doch manchmal ist eine direkte Kontrolle vonnöten.
Ich wollte für Shahin keine Zeit mehr verlieren !
Die Entscheidung erwies sich als absolut richtig. Bei der Kontrolle des gesamten Darms war ein Bezirk entzündlich verändert und bei der Palpation war eine leichte Unebenheit fühlbar.
Hier wurde der Darm eröffnet und es zeigte sich, daß Shahin ein kleines Stück Wurstpelle verschluckt hatte, das nicht ausgeschieden wurde, sondern wie eine zweite Haut an der Darmwand klebte und dort eine schmerzhafte Entzündung hervorgerufen hatte, deshalb der Schmerz bei Druck auf den Bauch..
Da die Pelle rundherum an der Darmwand ganz dicht wie eine Haut anklebte, konnte natürlich auch der Kontrastbrei problemlos passieren, so daß das Röntgenbild auch keine Rückschlüsse zuließ, genauso wenig wie die Ultraschalluntersuchung.
Das veränderte Darmstück wurde entfernt, die gesunden Teile wieder miteinander vernäht. Ich war erleichtert und sehr froh, daß ich keine Zeit mehr verloren hatte.
Shahin erholte sich von der Operation schnell, am dritten Tag war er ganz der Alte und verlangte nach Futter. Langsam wurde er mit einer speziellen Darmkost angefüttert.
Heute sind alle Strapazen vergessen. Darm und Bauchnaht sind verheilt, das Fell nachgewachsen und er tollt wieder mit seinen Katzenfreunden durch den Schnee.
(Dr. Rogalla)