Das tierärztliche Dispensierrecht – Information und Hintergründe – März 2012

ePetition:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=22430
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ………. Ihre Tierärztin oder Ihren Tierarzt, wen sonst?

Das tierärztliche „Dispensierrecht“, was ist das eigentlich?
Damit ist das Recht gemeint, Arzneimittel für Tiere herzustellen, zu verkaufen und abzufüllen, die für die Behandlung eigener Patienten bestimmt sind. Das Studium der Tiermedizin schließt deshalb auch die Fächer „Pharmakologie“ und „Arzneimittel – Verordnungslehre“ als Prüfungsfächer ein. Im Gegensatz zu den Apotheken, die grundsätzlich eine gesamte, unangebrochene Medikamentenpackung abgeben müssen, dürfen Tierärzte Teilmengen „abfüllen“ also z.B. aus einer Gesamtpackung mit 100 Tabletten 8 für Ihre Katze oder Ihren Hund abgeben.
Was würde denn passieren, wenn die Tierärzte dieses Recht verlieren würden?
Wenn Tierärzte keine Medikamente mehr verkaufen dürften, würde

  1. die Behandlung Ihres Tieres erheblich teurer,
  2. die Behandlung Ihres Tieres für Sie erheblich unbequemer
  3. die Zeit, die Sie selbst aufwenden müssten, damit Ihr Tier behandelt werden kann, erheblich länger

Warum? Ein ganz alltägliches Beispiel:
Angenommen, Sie haben eine Katze. Weiter angenommen, dass sie seit gestern gerötete, verklebte Augen hat. Und heute morgen hat sie nicht mehr gefressen. Sie gehen mit ihr nachmittags in eine Tierarztpraxis.

Bisher, mit„Dispensierrecht“

  1. Sie verbringen 10 Minuten im Wartezimmer
  2. Ihre Katze wird im Sprechzimmer untersucht. Die Diagnose: „fieberhafte, eitrige Conjunctivitis und Bronchopneumonie“ , also Entzündung der Bindehäute, der Bronchien und der Lunge.
  3. Ihre Katze bekommt 2 Injektionen. Eine davon enthält ein Antibiotikum
  4. Sie bekommen 12 Antibiotikumtabletten aus einer größeren, in der Praxis vorhandenen Packung „abgefüllt“, mit denen Sie die Katze in den nächsten 6 Tagen behandeln müssen und Augentropfen, die Sie einträufeln sollen.

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Das war’s, Sie bezahlen die gesamte
Behandlung Ihrer Katze und verlassen die Praxis
nach 25 bis 30 Minuten, Ihrer Katze wird es bald besser gehen.

Ohne „Dispensierrecht“

  1. Sie verbringen 10 Minuten im Wartezimmer
  2. Ihre Katze wird im Sprechzimmer untersucht. Die Diagnose:
    „fieberhafte, eitrige Conjunctivitis und Bronchopneumonie“ , also Entzündung der Bindehäute, der Bronchien und der Lunge.
  3. Ihre Katze bekommt 2 Injektionen. Eine davon enthält ein Antibiotikum
    Bis hierher ist noch alles gleich, nun aber zeigt sich der deutliche Nachteil für Sie und für Ihr Tier:
  4. Man stellt ein Rezept für die benötigten Medikamente aus, Rezeptgebühren (1 – 3 facher Satz, d.h. 5,72 – 17,16 €, zusätzliche Kosten für Sie, die bisher nie angefallen sind. Denn Sie haben die Verschreibung“ ja immer gleich erhalten!)
  5. Sie fahren oder gehen in die Apotheke (zusätzlich 20 bis 30 Minuten in der Stadt, auf dem Land gern auch mal viel länger)
  6. Die Apotheke kann die Vielfalt an tierärztlichen Medikamenten nicht vorrätig halten, man bestellt die benötigten Tabletten. Menschen- Medikamente darf man Ihnen nicht abgeben, das ist gesetzlich verboten.
  7. Sie fahren oder gehen erneut in die Apotheke (zusätzlich 20 bis 30 Minuten)
  8. Die Apotheke darf nur unangebrochene Packungen abgeben, Sie müssen also 20 Tabletten kaufen (und bezahlen 8 zu viel). Relativ preiswerte Arzneien wie Augentropfen werden häufig mit dem zugelassenen Preisaufschlag von 8,-€ zusätzlich belegt.

Ergebnis: Neben den 25 – 30 Minuten in der Tierarztpraxis benötigen Sie bis zu zwei weitere Stunden zusätzliche Zeit. Sie müssen zusätzliche, umständliche Wege zurücklegen. Außerdem wird die Behandlung deutlich teurer, weil Sie ein Rezept benötigen und weil Sie überflüssige Tabletten, die zudem meist teurer sind als in der Tierarztpraxis, kaufen müssen.

Und noch ein Wort zur „Fachkompetenz“:

Auch jetzt schon gibt es gelegentlich Apotheken, die Tierarzneimittel verkaufen, einige wenige geben illegaler Weise sogar rezeptpflichtige Mittel ohne Rezept oder gar Menschen- statt Tiermedikamente ab. Im Pharmaziestudium spielen aber Tiere KEINE Rolle, es sei denn, als Versuchstiere. Deshalb haben Apotheker naturgemäß KEINERLEI Fachwissen über tierartspezifische Besonderheiten, die richtige Dosierung, Verabreichungsintervalle, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen. Auch die teilweise zum menschlichen Krankheitsbild sehr unterschiedliche Wirkungsweise von Medikamenten bei Tieren ist Apothekern meist gänzlich unbekannt, denn sie haben in ihrem Studium nichts darüber gelernt, im Gegensatz zu den Tierärzten. Als Nicht – Fachleute für Tierarzneimittel sind Apotheker also in keiner Weise geeignet, Medikamente für den Einsatz am Tier abzugeben oder sie darüber zu beraten.

Fragen Sie also bitte, wenn es um TIER- Arzneimittel geht,
immer und ausschließlich Ihre Tierärztin oder Ihren Tierarzt. Sonst niemanden!

Damit Sie nicht unnötig Zeit und Geld verschwenden! Und damit Ihr Tier auch weiterhin fachkundig und sicher behandelt wird!

© Dr. med. vet. Petra Sindern, Vorsitzende der Fachgruppe Kleintierpraxis im Bundesverband praktizierender Tierärzte bpt

 


Liebe Patientenbesitzerinnen und –besitzer,

ich möchte Ihnen empfehlen, bei der folgenden Online-Petition mitzuzeichnen:
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=22430

Die Politik hat das tierärztliche Dispensierrecht (d.h. das Recht der Tierärzte, eine Hausapotheke zu betreiben und Medikamente für die von ihnen behandelten Tiere abzugeben) auf den Prüfstand gestellt. Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner und viele Landwirtschaftsminister der Länder wollen es abschaffen, mit der Begründung, dass der Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft reduziert werden müsse.

Gerade dafür ist es aber nicht zielführend, den Tierärzten das Dispensierrecht wegzunehmen – mit Dispensierrecht ist die Abgabe dieser Medikamente einer lückenlosen Kontrolle unterworfen, sowohl beim Tierarzt als auch beim Landwirt, es existieren zahlreiche Dokumentationspflichten. Ohne Dispensierrecht müssten Tierärzte für die verordneten Medikamente Rezepte schreiben und sowohl Landwirte als auch Kleintierbesitzer müßten sich die Medikamente aus öffentlichen Apotheken besorgen.

Dies würde offensichtlich zu einer Verschlechterung der Versorgung der tierischen Patienten führen, die ihre Medikamente bisher gleich beim Tierarzt bekommen. Medikamente müssten nach dem Tierarztbesuch extra aus der Apotheke geholt werden, nachts und am Wochenende gerade auf dem Land mit wenigen Notdienst-Apotheken ein hoher Aufwand. Dort, wo die Politik eigentlich angreifen will, bei den großen Großtierpraktikern, würde die Regelung u.U. gar nicht greifen – die würden sich einfach einen Apotheker einstellen und eine Apotheke gründen, und schon ist die Regelung ausgehebelt.
Zudem gibt es für die Apotheken keine Kontrollen, die der amtlichen Kontrolle der tierärztlichen Hausapotheken entsprächen, sondern nur eine Eigen-Kontrolle durch die Apotheker-Kammer.

Die Qualität der Beratung würde leiden, denn Apotheker sind für die Abgabe von Tier-Medikamenten nicht ausgebildet und können Tierbesitzer nicht beraten, wie diese anzuwenden sind, es kommen schon jetzt immer wieder krasse Fehlberatungen bei den nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten vor. Gerade für Kleintiere würden die Medikamente teurer, denn neben der Rezeptgebühr beim Tierarzt müßten in der Apotheke immer ganze grosse Packungen des betreffenden Medikaments gekauft werden – z.B. 20 Tbl., wenn aber nur 10 benötigt werden. Der Apotheker darf nicht, wie der Tierarzt, Teilmengen abgeben. Das würde auch dazu führen, dass Restmengen der Medikamente beim Tierbesitzer übrig bleiben und dann auf Verdacht verabreicht werden.
Ein Infoblatt, dass die Folgen für Kleintier-Besitzer beschreibt, habe ich Euch an diese Mail angehängt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es ist angesichts der „Antibiotika-Skandale“ offenbar sehr leicht ist, einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht zu stellen und mit den Tierärzten ist schnell ein Bauernopfer gefunden, das Schuld hat. So muss man sich nicht damit auseinandersetzen, wodurch der hohe Medikamenten-Einsatz in der Nutztierhaltung eigentlich verursacht wird, nämlich durch die Haltungsbedingungen in der Massentierhaltung.