Das Cushing Syndrom ist eine der häufigsten endokrinen Erkrankungen des Hundes. Es wird einfach zuviel körpereigenes Cortisol, auch Glukokortikoide genannt, produziert.
Als Krankheitsbild hat es keine eindeutige Erscheinung, es umfasst alle Bilder, die durch zuviel Cortison im Körper entstehen (Hypercortisolismus).
In der Regel finden wir diese Erkrankung bei Hunden mittleren Alters und bestimmte Rassen wie Dackel, Pudel, Terrier, Cocker und Schäferhunde sind öfter davon betroffen (Rassedisposition) als andere Rassen.
Um die Krankheit zu verstehen , müssen wir uns ein wenig mit der Funktion der Nebennieren beschäftigen. Diese befinden sich, auf beiden Seiten der Aorta neben den Nieren. Mit dem Ultraschall sind sie darstellbar und Veränderungen wie Tumore können so festgestellt werden.
Diese paarigen Nebennieren bestehen aus einer Markschicht innen und sind umgeben von einer äußeren Rindenschicht. Beide Anteile produzieren unterschiedliche Hormone :
Das Mark ist für Katecholamine verantwortlich.
Die Rinde produziert die körpereigen Glukokortikoide, auch Cortisol genannt. Aufgefordert zur Produktion von Cortisol wird die Nebenniere vom Hypothalamus (eine Zone im Gehirn), von hier wird ein Botenstoff CRH zu einer weiteren Schaltstelle, der Hypophyse, gesandt, die nun ACTH produziert. Dieses ACTH fordert die Nebennieren auf, Cortisol zu produzieren.
Ist genug Cortisol im Blut, produziert die Hypophyse auch kein ACTH, um die Nebennieren zu stimulieren, sobald zu wenig Cortisol im Blut ist, wird wieder ACTH ausgesandt, um die Nebennieren zur erneuten Produktion aufzufordern.
Nun können mehrere Funktionen der Störungen auftreten:
- Die Hypophyse ist tumorös entartet und produziert ununterbrochen ACTH. Dann werden die Nebennieren ständig aufgefordert neues Cortisol zu produzieren, auch wenn längst genug davon im Blut ist. Der sich selbst hemmende Regelmechanismus funktioniert nicht mehr und im Körper ist immer zuviel Cortisol im Blut. Die Nebennierenrinde selbst vergrößert sich durch die ständige Produktionsarbeit.
Da der Defekt in der Zentrale (Hypophyse) liegt, spricht man vom zentralen oder hypophysären Cushing Syndrom.
80 % der CS sind so bedingt. - Die Nebenniere hat sich zurückgebildet und produziert kein Cortisol mehr. Der Körper braucht aber Cortison und die Krankheit, die sich dann entwickelt heißt Morbus Addison.
- Bei 15-20 % entsteht in der Rinde einer Nebenniere selbst ein Tumor, der ununterbrochen Cortisol produziert. Dadurch schickt die Schaltstelle Hypophyse kein ACTH mehr aus. Die zweite Nebenniere stellt Ihre Arbeit ein und verkümmert. Circa 50% dieser Nebennierentumore sind bösartig.
Es gibt auch noch einen sog. iatrogenen Cushing, der durch die Verabreichung von Cortison entsteht. Auch so kann die Produktionsachse Nebenniere – Hypophyse unterbrochen werden und so ein klinisches Bild von Cushing ausgelöst werden.
Das Ausmaß der Krankheitserscheinungen ist dann von der Art der Glucocorticoide, der Dosis und der Wirkungsdauer anhängig.
Sollte das eintreten, muss die Cortisontherapie abgebrochen werden. Das darf aber niemals abrupt geschehen, da sonst ein Morbus Addison entstehen kann. Die Nebennieren sind durch die Cortisongaben sozusagen eingeschlafen und müssen erst wieder lernen, Cortisol selbst zu produzieren, das Medikament darf nur langsam reduziert werden.
Eine sehr kurzfristige Gabe von kurzwirksamen Cortison führt zu keinen Komplikationen, erst die Dauereinnahme von Cortison kann zu einem Cushing führen, die Erholung kann mehrere Wochen bis Monate dauern.
Krankheitszeichen
Die Symptome können bei jedem Tier anders sein, die einen zeigen eine Vielzahl der Anzeichen, andere wiederum nur sehr wenige der Symptome.
- Viel Durst / viel Urin (Polydipsie / Polyurie)
- sehr großer Appetit („Freßsucht“) (Polyphagie)
- Stammfettsucht: Hängebauch (Adipositas)
- Symmetrischer Haarausfall (Alopezie)
- Hautveränderungen
- Dünne Haut, v.a. Unterbauch
- Dunkle Hautstellen (Hyperpigmentierung)
- Lebervergrößerung (Hepatomegalie)
- Muskelschwäche
- Hodenatrophie / Anöstrus
Die hier genannten Anzeichen können auch immer für andere Erkrankungen sprechen, deswegen sind eine Reihe von Untersuchungen nötig, um die richtige Diagnose zu stellen.
Oft sind jedoch die Anzeichen jedoch so typisch gemischt, dass die Diagnose Cushing sehr nahe liegt.
Im Ultraschall ist auch schon oft eine Aussage möglich, ob wir es mit einen hypophysärem CS oder NNR – Tumor zu tun haben. Sind beide Nebennieren symmetrisch verändert, spricht das für einen hypophysären Cushing, sind beide Nebennieren unterschiedlich groß, so liegt ein NNR- tumor vor.
Röntgenaufnahmen von Bauch und Brustraum sollten auf jeden Fall durchgeführt werden. Bösartige NNR- Tumore metastasieren manchmal in die Lunge.
Da die Therapie sehr aufwendig und risikoreich ist, müssen aber auf jeden Fall alle Untersuchungen durchgeführt werden, welche die Diagnose 100% sichern!
Wir unterscheiden sog Screeningtests zur Diagnosesicherung und differenzierende Tests zur Unterscheidung von hypophysären CS oder NNR Tumor.
Screening Tests
ACTH- Stimulationstest
Niedrigdosierter Dexamethson- Suppressionstestest
Urinuntersuchung auf das Cortisol /Creatinin Verhältnisses
Differenzierte Tests:
Erweiterter niedrigdosierter Dexamethason-Suppressionstest
Erweiterter Urintest
Spezielle bildgebende Verfahren wie Computertomographie CT und Kernspintomographie MRT ermöglichen natürlich die Unterscheidung zwischen hypophysären CS und NNR- Tumor, sind aber manchmal gar nicht mehr nötig.
Sollte dem Patienten jedoch bei einseitigem NNR Tumor operiert werden oder muss ein Hypophysentumor beurteilt werden, auch bezüglich der Behandlungsmöglichkeiten, sollte auch diese diagnostische Möglichkeit genutzt werden. Hypophysentumore werden derzeit nur an der Universität in Utrecht operiert.
Therapie des Hypophysären Cushing
Der hypophysäre Cushing wird mit Lysodren behandelt, ein Medikament das seit über 20 Jahren eingesetzt wird. Es zerstört selektiv den Teil der Nebennierenrinde, der das Cortisol produziert (zona fasciculata).
Wir unterscheiden zwei Therapieprotokolle
- Totale Zerstörung der Nebennierenrinde (NNR) und Ergänzung des Nebennierenhormons mit Cortisonsacetat und Fludrocortison ,Vorteil dieser Therapie ist, dass sie einfach durchzuführen ist, aber der Patient braucht ein Leben lang sein Cortison ergänzt, da er sonst sehr schnell in einen lebensbedrohlichen Zustand gerät:2.
- Teilweise Zerstörung der Nebennierenrinde
Bei dieser Therapie hofft man, dass im günstigsten Fall die NNR ihre Produktion wieder aufnimmt. Der Nachteil gegenüber erstgenannten Therapie ist , dass eine aufwändige Überwachung des Patienten bis zur richtigen Einstellung nötig ist. Er kann in die gefährliche Addison- Krise gelangen. Hier muss sofort mit Glukocortikoiden und evtl auch mit dem Mineralocorticoid Fludrocortison behandelt werden.
Als Dauertherapie erhält der Hund lebenslang Lysodren, die richtige Erhaltungsdosis muß immer wieder dem aktuellen Bedarf angepasst werden. Dazu ist immer wieder ein ACTH- Test nötig. Bei gut eingestellten Patienten reicht eine Kontrolle 2-3mal / Jahr aus.
Trilostane:
Dieses Medikament wird seit einigen Jahren mit gutem Therapieerfolg eingesetzt. Es wirkt darüber, das es die Zusammensetzung der Bausteine der Steroide hemmt, dazu gehören auch das Cortisol.
Die Wirkung ist jederzeit reversibel.
Vorteil ist, das es noch gesundes Gewebe der NNr nicht zerstört, Nachteil, dass die Dosis, die die tiere brauchensehr individuell sind und von daher in den ersten 3-4Monaten sehr engmschig kontrolliert werden muss, bis die richtige Erhaltungsdosis gefunden ist. Dann erfolgt die Gabe dieser Dosis täglich und weitere Kontrollen erfolgen in 3 – 4 monatigen Abständen.
Therapie von Nebennierentumoren
Bei einseitigen Tumoren ohne invasives Wachstum ins umliegende Gewebe und ohne Metastasen ist die Operation die Therapie der Wahl. Die Komplikationsrate in und nach der Operation ist relativ hoch.
Bei beidseitigen Tumoren und infiltrativen Wachstum ist die medikamentöse Behandlung mit Lysodren durchzuführen.
Da die Tumore in der Regel resistenter gegenüber der zerstörerischen Wirkung von Lysodren sind, ist oft eine höhere Dosierung nötig als bei den Vergrößerungen der NNR durch hypophysäre Tumore.
Bei hypophysärer CS ist die Prognose für 80 % unserer Patienten als günstig einzuschätzen. Bei guter Therapiekontrolle können sie durchaus noch mehrere Jahre sehr gut leben.
Bei den Nebennierentumoren kommt es auf den Charakter des Tumors an.
Ohne Therapie verschlechtert sich der Zustand der Hunde allerdings sehr schnell.
Siehe auch: Fall des Monats April 2007